Die Jahreslosung für 2025 hat es, wie man so schön sagt, in sich: prüfet aber alles, und das Gute behaltet. (1. Thessalonicher 5, 21) Wollen wir nun den zweiten Teil davon etwas näher betrachten.

Der Prüfauftrag ist ja nur die eine Hälfte. Ja, alles zu prüfen ist in der Tat eine Herausforderung. Dazu gehört genaues Hinsehen, aber auch ein verlässlicher Maßstab zur Bewertung. Wie schnell macht man es sich als Mensch recht einfach: Entweder spart man sich das Prüfen und sagt „Alles kann bleiben“ – was dann nur tote Tradition erzeugt. Oder man sagt „Alles muss sich ändern“, was aber sehr oft über das Ziel hinausschießt.

Oder wir machen es uns bequem und sagen „Was die Mehrheit will, wird schon stimmen“. Dann sparen wir uns das Bewerten und die Suche nach dem Maßstab gleich mit – werden aber zu Opfern des Zeitgeists und des Mainstreams.

Aber nicht nur das Prüfen ist eine Aufgabe. Nein, auch der Umgang mit den Ergebnissen. „Das Gute behaltet“ hört sich so leicht an. Ist es das wirklich? Wenn wir einen Blick in die Offenbarung werfen und sehen, dass auch der Gemeinde in Philadelphia der Ratschlag gegeben wird: Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme! (Offenbarung 3, 11), dann ist das Behalten manchmal nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick scheint.

Und was machen wir im anderen Fall? Wenn es etwas Gutes zu behalten gibt, dann muss es ja auch das geben, was alles andere als gut ist und unserer Prüfung nicht standhält. Nur – wie passt das zu dem Vers: Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet. 2 Denn mit welcherlei Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welcherlei Maß ihr messet, wird euch gemessen werden. (Matthäus 7, 1.2, siehe auch Lukas 6, 37)?

Vertreter dieser Lesart führen auch gleich weitere Verse an, zum Beispiel: Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der da richtet. Denn worin du einen andern richtest, verdammst du dich selbst; sintemal du eben dasselbe tust, was du richtest. (Römer 2, 1) Und zum Schluss heißt es dann: Es wird aber ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; und die Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht. (Jakobus 2, 13) Also lieber doch nicht genau hinsehen…?

Hier müssen wir aufpassen, dass wir nicht einen großen Fehler begehen und zwei Dinge verwechseln, die sich auf den ersten Blick sehr ähnlich sind: Etwas beurteilen und etwas verurteilen! Es ist nur die erste Silbe etwas anders, aber genau hier liegt der Unterschied.

Natürlich sollen wir die Dinge beurteilen. Und das, was gut ist, das sollen wir dann auch „in Besitz nehmen“. Aber das, was nicht gut ist, sollen wir umgekehrt ganz einfach liegen lassen; nirgendwo steht, dass wir es zu verurteilen oder gar zu bekämpfen hätten.

Ein einfaches Beispiel soll dies verdeutlichen: Es würde mir nicht einfallen, viel Geld für eine Hose auszugeben, die mir schon mit Löchern und anderen Gebrauchsspuren verkauft wird. Ich beurteile dies für mich als „kommt nicht in Frage“. Und ich stehe zu meiner Meinung und kann sie auch begründen. Aber ich verurteile es nicht, denn sonst müsste ich mich ja mit jedem anlegen, der meint, sein Geld für eine kaputte Hose ausgeben zu müssen. Warum auch?

Wir Christen und auch die Gemeinden sollen es ebenso machen. Das, was nichts für uns ist, sollen wir erkennen – und liegen lassen. Und zu Fehlern zu schweigen ist oft genug bequem, aber falsch (siehe dazu auch Hesekiel 3, 16-21). Aber das abschließende Urteil über die Dinge können wir ruhig Gott überlassen.