Manche Bibelstellen lesen wir – aber wenn wir sie genau „unter die Lupe nehmen“ , stellen wir fest: Da steckt viel mehr dahinter, als wir bisher gesehen haben. Eine solche Stelle ist für mich diese: ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dermaleinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder. (Lukas 22, 32)
Zu wem sagt Jesus diesen denkwürdigen Satz? Nun, zu Simon, genannt Petrus – einem der zwölf Apostel. Und wann sagt er ihn? Am Abend seiner Verhaftung; nicht im Zuge seiner Berufung! „Und wenn du dermaleinst dich bekehrst“ – wie bitte? Muss sich der Apostel denn erst noch bekehren? Ja, gibt’s das denn auch?! Ein unbekehrter Apostel? Das kann ja wohl nicht sein!
Aber Jesus lässt keinen Zweifel daran. Petrus war von ihm selbst berufen worden, er hatte sich nicht selbst in den Dienst gedrängt. Er war Zeuge der Predigten und Wunder Jesu, er war vom Herrn ausgesandt worden (Matthäus 10, 5 ff.), er hatte Erkenntnis über Jesus (Matthäus 16, 16) und war auf dem Berg der Verklärung dabei (z. B. Lukas 9, 28 ff.). Ein „Christ der ersten Stunde“ also.
Seine Bekehrung erlebte Petrus allerdings erst in diesem für ihn unschönen Moment: Und der Herr wandte sich um und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe denn der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. 62 Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. (Lukas 22, 61.62)
Bekehrung – das heißt Buße, Reue, Selbsterkenntnis. Und damit in erster Linie Zerbruch; Scheitern an sich selbst; erkennen: „Nichts hab’ ich zu bringen, alles, Herr, bist Du!“ Wir können engagierte Mitarbeiter Jesu sein, Augenzeuge seine Wunder, wir können wichtige Erkenntnisse über Jesus haben. Aber unsere Bekehrung ersetzt das noch lange nicht!
Dazu passt auch diese Stelle: Es geschah aber, da Apollos zu Korinth war, dass Paulus durchwandelte die oberen Länder und kam gen Ephesus und fand etliche Jünger; 2 zu denen sprach er: Habt ihr den heiligen Geist empfangen, da ihr gläubig wurdet? Sie sprachen zu ihm: Wir haben auch nie gehört, ob ein heiliger Geist sei. 3 Und er sprach zu ihnen: Worauf seid ihr getauft? Sie sprachen: Auf die Taufe des Johannes. (Apostelgeschichte 19, 1-3)
Auch das erscheint uns fast unglaublich. Da werden Menschen als Jünger bezeichnet (wir lesen später, dass es zwölf waren). Diese Menschen haben im heidnischen Ephesus die Lehre bewahrt, die sie von Johannes dem Täufer – sicherlich persönlich – aufgenommen hatten. Das ist ja alles andere als eine Kleinigkeit! In einem überaus heidnischen Umfeld ein gottesfürchtiges Leben zu führen – und das nicht nur kurze Zeit, sondern offenbar viele Jahre lang.
Allerdings fehlt auch hier das Wichtigste: Das Wunder der neuen Geburt, von der Jesus in Johannes 3 zu Nikodemus spricht. Wenn man sich das vor Augen hält, macht es mich schon betroffen. Es reicht eben nicht aus, sich darum zu bemühen, ein guter Mensch zu sein, Gottes Gebote zu halten und sich dem Heidentum nicht anzuschließen! Wir können als Jünger bezeichnet werden – aber unsere Wiedergeburt ersetzt auch der beste Lebenswandel nicht.
Das zeigt aber auch, dass es eben nicht reicht, christliche Werte zu predigen und auf ein christlich geprägtes Leben hinzuweisen. Eine Predigt muss klar und deutlich auf Jesus zeigen. Darauf, dass er für uns zur Erde kam, starb und auferstand, gen Himmel fuhr und uns den Heiligen Geist gesandt hat, eben damit wir von neuem geboren werden können. Ohne Bekehrung und Wiedergeburt sind wir sonst zwar Mitarbeiter, aber keinesfalls Miterben Christi. Und dieses Risiko sollte niemand eingehen!