Als das Neue Testament geschrieben wurde, da fing das römische Weltreich gerade an, richtig groß zu werden. Was hat sich in diesen gut 2.000 Jahren nicht alles geändert! Daher kann ich es schon verstehen, wenn sich Menschen fragen: „Begreifen wir die biblischen Bilder noch?“ Dazu kommt: Das Alte Testament war schon damals „alt“ und reicht noch deutlich über 1.000 Jahre weiter zurück.

Aber ich stelle immer wieder fest: Viele Bilder und Gleichnisse, von denen die Bibel spricht, können wir auch heute noch ganz schnell verstehen. So ein Bild finden wir beim Propheten Hosea: Ephraim mengt sich unter die Völker; Ephraim ist wie ein Kuchen, den niemand umwendet. (Hosea 7, 8) Eigentlich ein spaßiges Bild!

Da stelle ich mir eine Hausfrau vor, die gerade Pfannkuchen bäckt. Auf einmal ruft eines der Kinder – oder es klingelt an der Türe. Sehr wahrscheinlich klingelt auch das Telefon und wirbt um Aufmerksamkeit. Die Frau kümmert sich um diese kurze Störung, geht an ihre Pfanne zurück und muss betroffen feststellen: Der Pfannkuchen ist zu nichts mehr zu gebrauchen!

Denn während die eine Seite schon schwarz und ungenießbar, weil verbrannt ist, ist die andere Seite noch roh und damit auch nicht zu verwenden. (Liebe Männer, wir kennen das ja auch; Steaks auf dem Grill wollen doch genauso gern gewendet werden.)

Nun geht es mir nicht so sehr um die Kunst des Kochens. Sondern um das, was Hosea uns eigentlich sagen will: Wenn ein Kuchen nicht rechtzeitig gewendet wird, dann wird er ungenießbar. Das ist eine sehr wichtige Botschaft für uns.

Ich hörte einmal den interessanten Satz: „Unsere Schwächen sind unsere Stärken, die über das Maß hinaus gesteigert werden.“ Das stimmt. Aus Sparsamkeit wird Geiz, aus Toleranz Gleichgültigkeit…

Es ist schon schlimm, wenn Menschen das gesunde Mittelmaß verlieren. Wobei ich jetzt nicht für Mittelmäßigkeit im Sinn von „nichts Besonderes“ plädieren will. Sondern eher für den gesunden Mittelweg. Ja, den gibt’s auch. So wichtig klare Haltungen sind: Geben wir acht, dass wir nicht ungewendet in der Pfanne liegen bleiben.

Auch wir Christen – als Einzelne und als Gemeinde – haben es von Zeit zu Zeit nötig, dass Gott uns vor dem Abgleiten in eine Richtung bewahrt. Es ist wichtig, Regeln und Ordnungen zu beachten, aber wenn nur dies für uns immer wichtiger wird, dann werden wir früher oder später gesetzlich – und „brennen auf einer Seite an“.

Umgekehrt gilt: Denn der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. (2. Korinther 3, 17) Wenn aber die Freiheit so sehr betont wird, stellt sich irgendwann die Frage: „Wie und wo unterscheiden wir uns denn bitteschön noch von der unerlösten Welt?!“ Das ist dann die Seite des Kuchens, die überhaupt nicht gar wird, sondern roh bleibt – und damit genau so wenig schmeckt.

Die Nachfolge ist für jeden Einzelnen und auch die Gemeinde ganz sicher eine echte Gratwanderung. Kein Festhalten an der Tradition um jeden Preis – und genauso wenig Modernismus um jeden Preis! Kein Fokus auf Werkgerechtigkeit, aber auch kein Glaube, der sich nicht in Taten zeigt. Diese Liste können wir beliebig fortsetzen. Und wer nicht aufpasst, gleicht bald dem Kuchen, den keiner wendet.

An dieser Stelle bin ich aber froh, dass niemand von Pfannkuchen und Steaks erwartet, sich selbst umzudrehen. Nein, es ist wichtig, dass wir von dem „in Bewegung“ gehalten werden, der uns vor der Einseitigkeit bewahren will, weil er uns von allen Seiten genießbar machen möchte: Gott, unser Herr! Vertrauen wir darauf, dass er uns vor dem Anbrennen genau wie vor dem roh bleiben bewahrt.