Es ist jetzt ziemlich genau 12 Jahre her. Während unseres Urlaubs am Bodensee hatten wir zahlreiche Wanderungen unternommen. Auf einer davon wollten wir an einer Quelle vorbeikommen, die den schönen Namen „Römerbrunnen“ trug. Hatten hier echt schon die alten Römer ihre Spuren hinterlassen? Wir wollten nachschauen.

Die ersten Hinweisschilder sahen ja noch neu aus. Wer sie aufgestellt hatte, der war sich seiner Sache wohl sicher. Dann kamen wir an eine Kreuzung, an der vier Wege abzweigten. Und hier wies uns ein Schild den Weg ganz nach rechts. Aber – wie sah dieses Schild bloß aus! Fast, dass wir es übersehen hätten…

Es war ein alter Holzpfeil, der an einen Baum genagelt war. Dass die Schrift „Römerbrunnen“ hieß, konnte man erraten, wenn man wusste, was das Wort heißen sollte. Verwittert und bemoost war das Schild. Und zu allem Überfluss war noch ein Stück abgebrochen, so dass wir zweimal hinsehen mussten, um sicher zu sein: „Ja, es zeigt nach rechts.“

So wenig vertrauenserweckend das Schild auch aussah: Wir entschlossen uns doch, ihm Glauben zu schenken. Und tatsächlich: Etwa fünf Minuten später standen wir dann am Römerbrunnen.

Warum mir diese Sache so in Erinnerung geblieben ist? Nun, sie hat mir gezeigt, dass es bei einem Wegweiser in erster Linie darauf ankommt, ob er uns die richtige Richtung zeigt. Nicht darauf, ob uns das Schild jetzt gefällt, makellos aussieht – oder nicht.

Denn eins müssen wir bedenken: Auch Christen sind Wegweiser. Damit meine ich, dass sie anderen den Weg zu Jesus zeigen sollen. Wir sollen keine Wegweiser sein, die die Leute wegschicken. Und wir sollen keineswegs auf uns selbst zeigen.

Dieser Wegweiser, der da seit Jahren an den Baum genagelt war, war zwar nicht besonders hübsch. Aber er machte genau das, was er sollte: An einer Kreuzung, wo es vier Wege gab, von denen nur einer richtig sein konnte, zeigte er eben diesen richtigen Weg.

Paulus sagt: So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott vermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasset euch versöhnen mit Gott. (2. Korinther 5, 20) Auch wir Christen kennen die richtige Richtung – und sollen sie anzeigen.

Wie oft höre ich: „Ja, mit Christus könnte ich noch etwas anfangen, aber sein ‚Bodenpersonal‘ …!“ Und ich weiß nicht genau, ob es jetzt Voltaire oder Nietzsche war, der einmal so treffend sagte: „Wenn ich an Christus glauben sollte, dann müssten die Christen schon erlöster aussehen!“

Das zeigt uns: Wir sollen durchaus ein leserlicher Wegweiser sein. Nicht irgend eine Richtungsangabe, bei der ein Suchender sich erst fragen muss: „Kann ich einer solchen Angabe auch vertrauen?“

Andererseits muss ich allen Kritikern sagen: Jesus hat uns zwar von unseren Sünden erlöst – aber nicht von unserem Mensch-Sein. So lange wir hier auf Erden wandeln, werden wir immer mit Anfechtung zu kämpfen haben und Fehler machen. Und wir werden wie das Schild im Wald Spuren aufweisen, die das Leben uns zufügt.

Auch Paulus wusste das, wenn er schreibt: Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich’s auch ergreifen möchte, nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin. (Philipper 3, 12) Darum wollen wir uns nicht vorwerfen lassen, dass wir nicht perfekt genug wären. Die Menschen sollen ja an Christus glauben – nicht an die Christen!