Lieber Leser, warst Du schon einmal im Petersdom in Rom? Dieses Bauwerk ist immer wieder beeindruckend, um nicht zu sagen: Der Besucher kann sich schon erschlagen fühlen von der Größe und der Pracht. Schaut man zur Kuppel hinauf, dann kann man dort den lateinischen Bibelvers lesen: Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. (Matthäus 16, 18)

„meine Gemeinde“ – die Elberfelder Übersetzung sagt „meine Versammlung“. Aber wie übersetzen wir „ecclesiam meam“ richtig? Mit „Kirche“ oder „Gemeinde“? Wir können beides finden. Das führt uns zu einem wichtigen Punkt: Sollen wir uns als eine „Kirche“ oder als eine „Gemeinde“ bezeichnen? Ich gebe offen zu, dass mir die Bezeichnung „Kirche“ nicht besonders gut gefällt. Wenn Menschen das Wort „Kirche“ hören, dann denken sie ja schon an das Christentum. Aber sie denken auch an alte Gebäude wie den Petersdom – oder das Freiburger Münster. Tolle Bauten, nur etwas verstaubt. Sehr imposant, und vor allem mit Glockenturm!

Kirche – das ist aber auch eine große Organisation, mit sehr festen Strukturen und studierten Pfarrern. Und leider auch mit handfesten Skandalen, wie wir in der letzten Zeit immer wieder hören müssen…

Sollen wir uns daher als „Kirche“ bezeichnen? Wir erheben ja keine Kirchensteuer. Aber wir verkündigen die Botschaft Jesu Christi, und Strukturen gibt es bei uns ja auch. Und wenn ich meinen Kollegen sagen würde: „Ich gehe sonntags in die Gemeinde“ wäre die Frage: „Gemeinde? Das Rathaus hat doch am Sonntag geschlossen!“ Gemeinde ist ein eher politischer Begriff geworden; das Wort „Kirche“ verstehen die Menschen schon leichter, auch dann, wenn wir nicht allzu kirchlich erscheinen wollen.

Wenn wir genau hinsehen, sehen wir: „Kirche“ ist keine so falsche Bezeichnung. Denn „Kirche“, auf englisch „church“, niederländisch „kerk“, auf italienisch „chiesa“ oder dänisch „kirke“ meint den Versammlungsort, an dem die Gottesdienste abgehalten werden (aus dem griechischen „kyrikon“: Gotteshaus).

Das charakterisiert eine Gemeinde sehr wohl! Gott hat eine Adresse in dieser Welt – in unserem Fall also „Im Steingerüst 22/1, 76437 Rastatt“. Ist uns das immer bewusst: Wo sich die Jünger Jesu versammeln, da ist ein Ort, wo Gott wohnt?! Wo er zu finden ist – nicht weit weg, sondern ganz in unserer Nähe?

Sicher, Gott selbst braucht so einen Ort gar nicht. Schon der weise Salomo sagt bei der Einweihung des von ihm gebauten Tempels: Denn sollte in Wahrheit Gott auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen; wie sollte es denn dies Haus tun, das ich gebaut habe? (1. Könige 8, 27) Nein, Gott lässt sich nicht so einfach hinter Kirchenmauern einsperren!

Aber: Gott will uns ja nahe sein – wegen uns. Wir brauchen Orte, an denen wir wissen: „Dies ist kein gewöhnlicher Ort. Hier versammeln wir uns, um Ihm nahe zu sein.“ Aus diesem Grund sollte Mose auch die Stiftshütte bauen. Ein sichtbares Zeichen: „Gott ist nicht weit weg, sondern quasi unser Nachbar! Wir können ihm nahe kommen, weil er uns nahe sein will. Er ist hier, nicht in Himmels Ferne!“

Eine wundervolle Verheißung der Offenbarung lautet: Und ich hörte eine große Stimme von dem Stuhl, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; (Offenbarung 21, 3) Daher trifft das Wort „Kirche“ für uns schon zu – ein Ort in der Welt, wo Gott sich finden lassen will.