Was ist das Gegenteil des Wortes „Segen“? Nun, es ist das Wort „Fluch“. Ein Wort, das irgendwie unbehaglich klingt, nicht wahr? Meine Lutherbibel von 1912 enthält aber insgesamt 233 Mal genau diese Formulierung. Davon fallen 206 Einträge in das Alte und 27 in das Neue Testament.

Da scheint es uns schon seltsam, dass der Apostel Paulus im Brief an die Galater gleich am Anfang schreibt: „Mich wundert, dass ihr euch so bald abwenden lasset von dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, zu einem anderen Evangelium, 7 so doch kein anderes ist, außer, dass etliche sind, die euch verwirren und wollen das Evangelium Christi verkehren. 8 Aber so auch wir oder ein Engel vom Himmel euch würde Evangelium predigen anders, denn das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht! 9 Wie wir jetzt gesagt haben, so sagen wir abermals: So jemand euch Evangelium predigt anders, denn das ihr empfangen habt, der sei verflucht!“ (Galater 1, 6-9)

Auf den ersten Blick könnte man Paulus unterstellen, dass er sich über andere Prediger ärgert; dass er vielleicht neidisch oder eifersüchtig wäre. Aber diese Vermutung lässt sich nicht bestätigen. Er schreibt ja selbst an anderer Stelle: „Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk.“ (1. Korinter 13, 9) Also weiß er, dass unsere Auslegung der Schrift keinen Anspruch auf Endgültigkeit erheben kann. Dazu passt auch seine Aussage: „Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich’s auch ergreifen möchte, nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin.“ (Philipper 3, 12)

Vor allem diese Sätze bringen uns Klarheit: „Etliche zwar predigen Christum um des Neides und Haders willen, etliche aber aus guter Meinung. … Was tut’s aber? dass nur Christus verkündigt werde allerleiweise, es geschehe zum Vorwand oder in Wahrheit, so freue ich mich doch darin und will mich auch freuen.“ (Philipper 1, 15+18) Paulus neidet anderen Predigern also keine Erfolge.

Aber: Paulus spricht sich gegen Irrlehre aus! Und zwar ziemlich deutlich. Wenn wir uns den Galaterbrief durchlesen, sehen wir sehr schnell, dass die dortige Gemeinde in der akuten Gefahr geschwebt hat, vom Evangelium abgebracht zu werden. Wir lesen, dass es Bestrebungen gab, wieder zum Gesetz zurückzukehren (ab Kapitel 3), obwohl unsere Erlösung ja aus der Gnade Christi kommt.

Hier kann Paulus nicht schweigen. Ganz zu Recht! Auch wir sollten es nicht hinnehmen, wenn die Botschaft der Bibel verwässert, ja sogar verdreht wird. Denn in dem, was offenkundige Irrlehre ist, liegt eine große Gefahr für uns selbst und die Gemeinde.

Das Evangelium bringt auch dem größten Sünder Gottes Botschaft: Es ist einer dafür gestorben, dass Du leben darfst! Aber – wenn jetzt jemand eben dieses Evangelium verändert? Ich las dazu folgende Ausführung: „Durch falsche Lehre wird die Quelle des Lebens und der Gemeindezucht verdorben. Darum wiegt die Versündigung gegen die Lehre schwerer als die Versündigung im Wandel. Wer der Gemeinde das Evangelium raubt, verdient uneingeschränkte Verurteilung, wer aber in seinem Wandel sündigt, für den ist das Evangelium da.“ (Peter Zimmerling, Kommentar zu Dietrich Bonhoeffers „Nachfolge“) Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ich habe immer mehr den Eindruck, dass in der heutigen Zeit viele Angriffe auf das Evangelium unternommen werden. Wollen wir uns daher freuen, dass wir Gottes Wort als Maßstab für die Lehre und unser Leben haben – und seinen Geist, der uns zeigt, wie wir diesen Maßstab gebrauchen sollen.